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Viele Töne produzierten sie an diesem Abend in der Akademie der Künste nicht, die Musiker der Hamburger Gruppe "L'art pour L'art", und dennoch konnte man anschließend nach Hause gehen mit dem sicheren Gefühl, an einem Ereignis von ganz besonderer Musikalität teilgenommen zu haben. Die Stücke von Hans Joachim Hespos, Mauricio Kagel und Frederic Rzewski, die an diesem Abend nun, nicht immer erklangen, aber sich ereigneten, bestimmten das bloße Musizieren von Musik als ein Jenseits ihrer eigenen Intentionen.
Hans Joachim Hespos ist als Komponist ein unerschöpflicher Musikverhinderer (eine Position, die, wenn er die verhinderte, gefesselte oder verbotene Musik als solche auf die Bühne bringt, natürlich dialektisch zu verstehen ist): in dem 1981 entstandenen "Ohrenatmer" wird dieses handgreiflich vorgeführt, indem Hespos eine Sängerin und drei Musiker mit Kontrabaß, Klarinette und Trommelschlägel als ein aneinandergefesseltes Knäuel auftreten lässt, in dem jeder über die exakt definierte Anfführungsdauer von 21 Minuten hinweg sich müht, Spielraum für seine Tätigkeit zu gewinnen. Sind diese minimalen Bedingungen fürs Musizieren dann endlich erfüllt, verlassen die Musiker umgehend das Podium.
Hespos Stück stammt von 1981;
16 Jahre zuvor, 1965, hatte Mauricio Kagel in seinem "Pas de cinq" eine Musik der Schritte und Spazierstöcke erdacht, mit exakt metronomisierten Geh-Partien, die ihre Klangfarben durch unterschiedliche Bodenbeläge, die von den fünf Ausführenden betreten werden, gewinnt. Solche Idee, die den menschlichen Körper als Teil eines Schlaginstrumentes zu funktionalisieren und zu definieren versucht, konkretisiert sich

in Frederic Rzewskis "Lost and found" von 1985. Dies ist ein in seinem Instrumentarium auf den nackten Körper reduziertes Antikriegsstück, dessen kahler Schrecken von Teilen des Publikums kichernd eher als Witz verstanden wurde: Rzewski hat hier einen zynischen Brief eines Gls aus Vietnam, der in einem 1984 in New York City errichteten Denkmal für in Vietnam gefallene Amerikaner eingraviert ist, komponiert, indem er ihn einen Schlagzeuger, der zugleich selbst sein Instrument ist, rezitieren läßt.
Ein weiteres Stück von Rzewski, das um so erstaunlicher wirkte, wenn man sich an das starke musikantische Element in so vielen älteren Werken dieses Komponisten erinnert, beschloß den Abend: "Forces" von 1985, eine Szene aus "Homers Ilias" für zwei Schauspieler, Gitarre, Flöte und Geräuschemacher. Eine bis aufs Äußerste reduzierte, in einzelnen Tönen und Klängen fast nur noch zeichenhafte Musik kommentiert den Text mit seiner Auseinandersetzung über das Recht auf eigenes Leben und die Anmaßung fremder Gewalt über dieses Leben ebenso, wie eine Art Elementarbeschwörung des Geräuschemacbers, der mit Luft, Erde, Wasser und pyrotechnisch virtuos gehandhabtem Feuer arbeitete. In seiner Radikalität steht Rzewskis großes Antikenprojekt der letzten Jahre, zu dem neben diesem auch andere kleinere Werke und die Komposition der gesamten "Perser" des Aischylos gehört, einsam in der gegenwärtigen Musikszene; und den vorzüglichen Mitwirkenden des Ensembles "L'art pour L'art" gelang es, auch diese Fremdheit, Ferne und innerliche Monumentalität in ihrer konzentrierten Darstellung zum Ausdruck zu bringen.
Der Tagesspiegel, Martin Wilkening

L'art pour L'art bei den "Inventionen" in der Akademie
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